Über die letzten Jahre haben mehrere Länder Gesetze erlassen, die den Aktionären börsenotierter Gesellschaften eine Mitsprache bei der Festsetzung der Vergütungen der Unternehmensleitung („Say on Pay“) einräumen. Internationale Investoren schätzen dieses Mitwirkungsrecht. Nach Meinung des Autors könnte es deshalb für österreichische Publikumsgesellschaften interessant sein, die Hauptversammlung unverbindlich über ihre Vergütungspolitik abstimmen zu lassen. Darüber hinaus könnten Empfehlungen zum „Say on Pay“ in den Österreichischen Corporate Governance Kodex (ÖCGK) aufgenommen werden.
Der Autor zeigt auf, dass die Auslegung des Textes der Initiative gegen die Abzockerei dem Gesetzgeber bei der Umsetzung beträchtlichen Gestaltungsspielraum belässt. Entgegen verbreiteter Ansicht sei die Umsetzung nicht vorwiegend mit zwingenden aktienrechtlichen Normen zu vollziehen. Der Zweck und die einzelnen Forderungen der Initiative seien besser auf dem Wege dispositiver Regeln mit gradueller Abänderbarkeit umzusetzen, sofern der Gesetzgeber den Minderheitsaktionären eine echte Mitsprache ermögliche. Das Anliegen, die Initiative so umzusetzen, dass die Corporate Governance der Publikumsgesellschaften verbessert werde, bleibe dadurch unangetastet. (Zi.)
sjz_22_2012_hausermann_abzocker.pdfIm Zusammenhang mit der Volksinitiative „gegen die Abzockerei“ wurde in der Politik während Jahren die Idee einer sogenannten „Bonussteuer“ diskutiert. Demnach sollen Vergütungen an Verwaltungsräte, Geschäftsleitungsmitglieder und andere Arbeitnehmer/innen, soweit sie drei Millionen Franken pro Person und Jahr übersteigen, steuerlich nicht mehr als geschäftsmässig begründeter Aufwand gelten und damit der Gewinn- und Kapitalsteuer unterworfen sein.
Der vorliegende Artikel analysiert die voraussichtlichen Lenkungseffekte der „Bonussteuer“ anhand eines einfachen grafischen Modells aus der Finanzwissenschaft. Er kommt zum Schluss, dass der von den Befürwortern erhoffte Lenkungseffekt kaum eintreten wird. Die Steuer wird gerade bei jenen Unternehmen, deren Vergütungen nicht marktgerecht sind, nicht zu einem Rückgang der Vergütungen führen. Auch marktkonforme Vergütungen, welche drei Millionen Franken übersteigen, dürften kaum zurückgehen, weil die meisten Führungskräfte, die so hohe Vergütungen erwarten können, international mobil und aufgrund ihrer Fähigkeiten für die Unternehmen praktisch unverzichtbar sind. Beides macht es den Unternehmen unmöglich, die Steuerlast auf die Vergütungsempfänger abzuwälzen. Darüber hinaus können mit der „Bonussteuer“ nicht jene Unternehmen „bestraft“ werden, welche sehr hohe Vergütungen entrichten, denn Unternehmenssteuern – also auch die „Bonussteuer“ – werden wirtschaftlich nicht vom „Unternehmen“ getragen, sondern von den natürlichen Personen, welche mit dem Unternehmen direkt oder indirekt in einer wirtschaftlichen Beziehung stehen. Die „Bonussteuer“ würde letztlich also von Anspruchgruppen wie Aktionäre, Gläubiger, Arbeitnehmer, Lieferanten oder Kunden getragen.
There seems to be a virtual consensus among corporate law scholars that state legislatures should enable corporations to select governance terms from a menu of predefined statutory rules. In this Article, I challenge this view.
The private sector has produced menus of contract terms, such as standard form contracts and model documents, long before the idea of statutory menus be-came fashionable. There is no evidence that the market for private menus has failed, and legislatures are unlikely to be efficient menu producers. Advocates of statutory menus have suggested a number of rationales, most notably considera-tions based on transaction costs, network and learning effects, bounded attention, or endogenous preferences. But at closer look, none of these justifications are plausible, if nothing else because they equally apply to private menus. The exist-ing statutory menus do, however, clarify that certain governance terms are legal in cases where this would otherwise be uncertain. Yet that uncertainty should be reduced by other means than menus. For these reasons, menu production should be left to the private sector.
ssrn-id2024876.pdfMehrere Autoren haben sich jüngst für die Bildung von Aktionärsausschüssen ausgesprochen, welche als Bindeglied zwischen Unternehmensspitze und Aktionariat fungieren sollen. Die Idee des Aktionärsausschusses war vor 20 Jahren in den USA kurz in Mode, wurde jedoch schnell von anderen Reformideen abgelöst. Das Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten für Aktionärsausschüsse reicht von einer vom Management eingesetzten Fokusgruppe, wie sie in Frankreich beliebt ist, bis zum Quasi-Aufsichtsrat deutscher Prägung. Aktionärsausschüsse werden zwar kaum viel kosten, aber wohl auch wenig nützen. Die Diskussion um Aktionärsausschüsse wirft jedoch die wichtige rechtspolitische Frage auf, wieviel Spielraum die Aktiengesellschaften bei der Gestaltung ihrer Spitzenorgane haben sollen. Das heutige, starre Modell mit dem Verwaltungsrat als einzigem von der Generalversammlung direkt gewählten Aufsichts- und Leitungsorgan ist paternalistisch und sollte reformiert werden. Den Aktiengesellschaften sollte es erlaubt sein, in ihren Statuten die Aufsichts- und Exekutivfunktionen des Verwaltungsrates verschiedenen Organen zuzuweisen, die von der Generalversammlung gewählt werden, und die Organisation dieser Organe frei zu regeln. Die jetzige, zwingende Struktur mit einem allverantwortlichen Verwaltungsrat soll dabei als dispositives Recht weitergelten.
Die eidgenössischen Räte haben vor kurzem die letzten Differenzen beim indirekten Gegenvorschlag zur «Abzocker»-Initiative bereinigt. Der Artikel erläutert die geplanten Änderungen im Aktienrecht und würdigt die Neuerungen aus rechtspolitischer Sicht. Beides geschieht mit Seitenblick auf das Volksbegehren, welches immer noch hängig ist.
jusletter10128de.pdfDispoaktien – Namenaktien einer Publikumsgesellschaft, deren Erwerber sich nicht ins Aktienbuch eintragen lassen haben und daher nicht stimmberechtigt sind – werden vielfach als "Problem" bezeichnet, insbesondere weil ein hoher Bestand an Dispoaktien es Aktionären mit weniger als 20 Prozent der ausstehenden Aktien erlaube, eine Gesellschaft faktisch zu beherrschen. In der laufenden "grossen" Aktienrechtsrevision wurde deshalb ein sogenanntes "Nominee"-Modell vorgeschlagen, welches die Aktienbucheintragung vereinfachen soll.
Die vorliegende empirische Studie schätzt die Dispobestände im schweizerischen Aktienmarkt auf 250 Milliarden Franken, was ca. 1/4 der gesamten Marktkapitalisierung entspricht. Dies ist ein Indiz, dass die Transaktionskosten der Aktienbucheintragung unnötig hoch sind. Umgekehrt trifft das Argument, Dispoaktien erlaubten es einem Grossaktionär, die Gesellschaft zu beherrschen, bloss für 5 bis 15 Prozent der Gesellschaften zu. Da ein gesetzliches Nominee-Modell die Transaktionskosten nicht unbedingt senken wird und das "Problem" der Beherrschung wegen Dispoaktien auf eine kleine Minderheit der Gesellschaften begrenzt ist, sollte ein Nominee-Modell als Opt-in-Regel ausgestaltet werden.